Pressestimmen zu GirlsNightOut
- WAZ: Nichts als Weiberworte aus Sicht der Männer
- Ruhr-Nachrichten: Triumph der Regie über den Text: "GirlsNightOut"
- taz-ruhr: Zwei Männer inszenieren drei Frauen im Kuschelbett
- WAZ: Zuerst die Pubertät, dann der Zerfall
Westdeutsche Allgemeine Zeitung, WAZ, 14.1.2002
Nichts als Weiberworte aus Sicht der Männer
Von Anne Ullenboom
Zeitreise in die Welt der braven Mädchen und frechen
Gören: Das "Lurch-Theater" präsentierte im Musischen Zentrum
eine eigensinnige Deutung von Gesine Danckwarts Debüt "Girls Night
Out".
Gibt es Schöneres, als sich am Samstagabend zu
stylen, die Tanzschuhe anzuschnallen und auszugehen? Sich hineinzustürzen
in das wilde, quietschvergnügte Leben der Nacht? Und wen es nicht sofort
in die Disco zieht, den zieht es vielleicht vorher noch kurz ins Theater, ins
Musische Zentrum vielleicht.
Hier konnte man am Wochenende eintauchen in die Welt
der kleinen Mädchen, die gerne größer sein würden, und
in die Welt solcher, die schon groß sind und sich die unbeschwerte Leichtigkeit
der frühen Jahre zurückwünschen.
In der Version des Lurch-Theaters é vertreten
durch die Schauspielerinnen Anja Lemke, Meike Misia und Marion Flaskamp, die
dem frivolen Weibertrio in allen Lebenslagen in dieser Nacht ihr Gesicht leihen
é entsteht aus Fragmenten ein Stück, das das Seelenleben junger
Frauen einfangen und aufschlüsseln will und in seiner Intensität doch
bloß an der Oberfläche bleibt wie ein zerbrochener Spiegel, der nur
Bruchstücke zeigt.
Den Regisseuren gab Autorin Gesine Danckwart mit ihrer
Vorlage nur den Text und flüchtige Anweisungen mit auf den Weg. Niklas
Kaeseler und Dirk Schwantes strickten daraus ein Feuerwerk der Eitelkeiten,
das Klischee an Klischee reiht. Weiberworte aus Männersicht. Hier wird
gekreischt bis die Wände wackeln, gespuckt, dass es dem Zuschauer vor Ekel
graust, und hysterisch gelacht, bis die Nerven blank liegen.
Ein Leben auf der Suche nach dem "Herzblatt"-Traumprinzen
und dem Sinn des Nachmittags-Schmuddel-Talks im Fernsehen. "Girlsnightout"
é eine Momentaufnahme, in der Regie und Schauspielerei durchaus brillieren.
Und den Zuschauer am Ende in eine Welt entlassen, die vor Leere gähnt.
Weitere Vorstellungen am 18. und 19. Januar, jeweils
20 Uhr. Karten: Tel: 59 56 28.
Ruhr-Nachrichten, 14.1.2002
Triumph der Regie über den Text: "GirlsNightOut"
Ein kleines Schmankerl für Liebhaber energischer Regiearbeit und engagierter
Darstellung bietet sich derzeit im Musischen Zentrum der Ruhr-Universität.
Die Kurzfarce "GirlsNightOut" feierte dort am Freitag in der Inszenierung
des "lurch.theaters" Premiere.
Bemerkenswert, was die beiden Regisseure Niklas Kaeseler und Dirk Schwantes
mit ihren hervorragenden Aktricen Marion Flaskamp, Anja Lemke und Meike Misia
aus der Vorlage der jungen Dramatikerin Gesine Danckwart machen. Denn der bloße
Text ist eine einzige Zumutung: Teenie-Talk und Sponti-Sprüche, es wird
viel geredet, aber wenig gesagt. So geht das ohne Punkt und Komma, ohne erkennbaren
Zusammenhang, ohne Dreh- und Angelpunkt - selbst die Anteile der drei Schauspielerinnen
am Text und damit ihre Identität überlässt Danckwart der Regie.
Kaeseler und Schwantes müssen das als Herausforderung begriffen haben und
ihr Triumph besteht darin, diesem kreuzblöden Stück trotzdem interessante,
witzige Bühnensituationen abzutrotzen. Das muss harte Arbeit gewesen sein,
man spürt beständig, wie das Team versucht, sich gegen die Wischi-Waschi-mir-doch-egal-Stimmung
des Textes zu stemmen. Mit Macht werden durch Musikeinspielungen Zäsuren
eingebaut, die Inszenierung kämpft um Rhythmus und schafft es sogar, mitreißend
zu swingen. Das ist natürlich besonders der Verdienst der Darstellerinnen,
denn die sind, mit einem Wort, super. Herrliche Szenen spielen sich da zwischen
ihnen ab - die Crux ist eben nur, dass der Text aber auch gar nichts davon hergibt.
Noch jeder kleinste Lacher ist allein der übrzeugenden Leistung des lurch.-Teams
zu verdanken.
Wieso also gerade dieses Stück? Den Programmheft-Flachs, man kenne schlicht
keine guten männlichen Darsteller, mal beiseite: Kennt man denn auch keine
guten Autoren? "GirlsNightOut" ist eigentlich die Bestätigung männlich-chauvinistischer
Klischees über weibliche Kommunikation, ein Wasserfall beliebiger Satzbauteile
ohne konkretes Ziel. Das kann weder Danckwart noch das lurch.theater gewollt
haben, passiert ist es trotzdem. Ein Theaterrätsel. Noch einmal: Regisseure
und Darstellerinnen sind exzellent und haben fantastische Arbeit geleistet.
Derart beeindruckt warten wir aber nun auf die Inszenierung eines hoffentlich
sinnigeren Stoffes. Peter van Dyk
Weitere Vorführungen: 18. und 19. 1., 20 Uhr, Musisches Zentrum
taz-ruhr, Ausgabe Nr. 83 vom 2002-01-17
Zwei Männer inszenieren drei Frauen im Kuschelbett
Manchmal führt der Weg zu einer witzigen Inszenierung nicht ins Stadttheater. Die Theatergruppe lurch.theater zeigt im Musischen Zentrum der Ruhr-Universität Bochum, wozu freie Gruppen in der Lage sind. Sie führen Gesine Danckwarts Stück „GirlsNightOut“ auf
von PETER ORTMANN
„Jetzt hab´ ich mich gerade
an meinen Körper gewöhnt,
da zerfällt er schon wieder.“
Nicht neu, aber wohl zeitlos – Girlies schrammen immer am Rand des Nervenzusammenbruchs. Sie hüpfen, singen, lachen und streiten auf der Bühne eines Jungmädchenzimmers. Sie philosophieren gackernd über Gott, stramme Männer und die feindliche Welt da draußen. So vergeht die Zeit. Viel zu schnell, eigentlich haben sie an diesem Abend noch viel vor.
Wer endlich wissen will, was junge Frauen tun, bevor sie zu irgendeiner Party gehen, der sollte sich „GirlsNightOut“ im Musischen Zentrum an der Ruhr-Universität nicht entgehen lassen. Er wird mit einem hysterischen Phrasen-Gelage belohnt, das der PISA-Studie alle Ehre macht. Und das ist nicht negativ gemeint.
Marion Flaskamp, Anja Lemke und Meike Misia vom „lurch.theater“ sind die drei Schauspielerinnen, die das Stück benötigt. Mehr hat die Berliner Autorin Gesine Danckwart (Jahrgang 1969)für ihr Debütstück, das 1999 im Theater am Neumarkt in Zürich uraufgeführt wurde, an Regieanweisungen auch nicht vorgegeben. Der Text kann von den Regisseuren frei auf die Spielerinnen verteilt werden. Eine Handlung kann erst bei den Proben entstehen. Zwangsläufig. Die freie Produktion in Bochum steht unter dem Motto „Männer inszenieren Frauen“. Niklas Kaeseler und Dirk Schwantes erledigten den „anstrengenden“ Job gemeinsam. Es wurde eine choreographierte Revue aus harten und zarten Balgereien, Musik, Tanz und geschnatterten Textfetzen. Und alles immer schön oberflächlich. Auch das Bühnenbild kommt mit einem wackeligen Paravent und einem kuscheligen Bett aus.
Das Bett wurde im Stück oft zum Lieblingsplatz der drei gegensätzlichen Charaktere. Ob die beiden Regisseure bei den Proben so dem weiblichen Wesen nähergekommen sind, wird nicht ersichtlich. Glücklicherweise.
waz, vom 29. Juni 2002
Zuerst die Pubertät, dann der Zerfall
Drei Mädels auf der Suche nach der verlorenen
Wahrheit über ihren Körper und ihre Identität:
das lurch.theater gastierte mit
"GirlsNight-Out" im TUT.
Die Pubertät dauert heutzutage vom ersten
Pickel bis zur letzten Ölung. Erwachsenwerden
in einem Leben ohne wirklich elementare
Herausforderungen ist eine nahezu unlösbare
Aufgabe geworden.
Die 1969 in Lübeck geborene Dramatikerin
Gesine Danckwart hat Szenen, Urteile, Sprüche,
Gedankenblitze und anderes gesammelt, was die
unendliche Geschichte von Erwartungsfreude und
frühzeitiger Desillusionierung bei jungen
Frauen dokumentiert. Ihr Stück "GirlsNightOut"
ist eine assoziative Collage dieser Sammlung;
es erzählt keine Geschichte, gehorcht keinen
kausalen Zusammenhängen. Die einzige
Regieanweisung lautet: "Für drei
Schauspielerinnen".
Die zwei Regisseure des lurch.theaters haben
mit ihren Schauspielerinnen diese Vorlage
genutzt, um in Form eines dialektischen
Prozesses eine Inszenierung zu erarbeiten, die
die allgemeingültige Spruchsammlung in ein
sehr intimes Selbstbekenntnis fünf junger
Menschen verwandelt.
Eine Stunde lang wird gezetert, gescherzt,
gelitten, geträumt, getanzt und gesungen, in
einer Art und Weise, die in jedem Zuschauer
den letzten halb vertrockneten rebellischen
Blutstropfen wieder entkrustet. Vor uns
entfaltet sich das Drama einer existenziellen
Frage: Leben, wie geht das? Niemand sagt es
einem, ewig sitzt man in den Startlöchern:
"Jetzt habe ich mich gerade an meinen Körper
gewöhnt, da zerfällt er auch schon wieder."
Als das Stück gespielt ist, feiert das
lurch-theater in der Eve-Bar seinen Auftritt,
und die drei Mädels werden von eben den
Ängsten wieder eingeholt, die sie gerade noch
glaubten, spielerisch bezwungen zu haben.
Von Chris Wahl |
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